Natürlich auftretende Melanome bei Hunden gewähren Aufschluss über nicht UV-induzierte
humane Melanome
Marc Gillard 1,2, Edouard Cadieu 1,2, Clotilde De Brito 1,2,
Jérôme Abadie 3, Béatrice Vergier 4, Anne-Sophie Guillory
1,2, Patrick Devauchelle 5, Frédérique Degorce 6,
Laëtitia Lagoutte 1,2, Benoit Hédan 1,2, Marie-Dominique Galibert
1,2, Francis Gallibert 1,2 et Catherine André 1,2
1 CNRS, UMR 6290, Institut de Génétique et Développement de Rennes, Rennes,
France.
2 Université Rennes 1, UEB, IFR140, Faculté de Médecine, Rennes, France.
3 Laboratoire d’Histopathologie Animale, Oniris, Ecole Nationale Vétérinaire,
Nantes, France.
4 Service de Pathologie, CHU Bordeaux and Université Bordeaux Segalen,
France.
5 Centre de Cancérologie Vétérinaire, ENVA, Maisons Alfort, France.
6 Laboratoire d’Anatomie Pathologique Vétérinaire du Sud-Ouest LAPVSO,
Toulouse, France.
Zusammenfassung
Hunde leiden häufig an spontan auftretenden Melanomen. Diese treten an denselben
Stellen auf wie beim Menschen, d.h. auf der Haut, den Schleimhäuten, dem Nagelbett
sowie an den Augen. Die Melanome verhalten sich dabei unterschiedlich: Tumore im
oralen Bereich sind häufiger und aggressiver als an anderen Stellen des Körpers.
Interessanterweise werden Melanome bei Hunden mit einer ausgeprägten Rassenprädisposition
und einer Überrepräsentation von schwarzen Hunden in Verbindung gebracht. Epidemiologische
Analysen von 2350 betroffenen Hunden zeigten, dass Pudel besonders gefährdet sind,
ein orales Melanom zu entwickeln. Schnauzer bzw. Beauce-Hirtenhunde dagegen litten
zumeist an kutanen Melanomen. An einer Kohorte mit 153 Fällen wurden klinische und
histopathologische Analysen mit vierjähriger Nachbeobachtung durchgeführt. Den histopathologischen
Merkmalen zufolge sind die meisten Tumore bei Hunden intradermal und identisch mit
humanen Melanomen eines seltenen morphologischen Typs, d.h. den Nevozyten und dem
rein tierischen Typ. Tumor-cDNA-Sequenzierungsdaten von 95 Hunden für sechs Gene,
die für die Klassifizierung humaner Melanome relevant sind, zeigten bei oralen Melanomen
an typischen Stellen beim Menschen somatische Mutationen am NRAS- und PTEN-Gen,
jedoch nicht am BRAF-Gen. Insgesamt untermauern diese Ergebnisse die Relevanz des
Hundemodells für die komparative Onkologie von Melanomen, insbesondere für die Klärung
nicht UV-induzierter Melanome.
Kommentar
Dieser Vergleich zwischen den Melanomen bei Hund und Mensch ist der erste Artikel
zu diesem Thema und belegt das Interesse der vergleichenden Onkologie an einem wechselseitigen
Nutzen für die Tier- und Humanmedizin. Tatsächlich zeigt die Studie auf, dass bestimmte
Hunderassen eine Veranlagung zur Ausbildung bestimmter Melanome besitzen, derweil
andere Rassen nur sehr selten betroffen sind. Diese Feststellung könnte Tierärzte
und Hundehalter zu größerer Aufmerksamkeit veranlassen, was die mögliche Entwicklung
von Melanomen bei bestimmten Rassen angeht. Darüber hinaus dürfte sie den Forschern
ermöglichen, genetische Veränderungen bestimmter Rassen nachzuweisen, die zur Ausbildung
von Melanomen neigen. Am CNRS Rennes (französisches Forschungsinstitut) läuft seit
mehreren Jahren ein Programm, das sich mit der genetischen Erforschung von Melanomen
bei Hunden beschäftigt. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe aus Tierärzten, Humanmedizinern,
Spezialisten für pathologische Anatomie beim Tier und beim Menschen sowie Genetikern
zusammengestellt. Die Forschung erfolgt am CNRS in Rennes unter der Leitung von
Dr. Catherine André und in Zusammenarbeit mit Dr. Patrick Devauchelle (MICEN-Vet,
Créteil, Frankreich), Dr. Jérôme Abadie (Ecole Vétérinaire de Nantes, Oniris, Frankreich)
sowie dank des französischen Veterinärnetzes AFVAC (www.AFVAC.com) und der BioBanque
Cani-DNA (http://dog-genetics.genouest.org), die am CNRS
de Rennes entwickelt wurde. Bis dato war die Arbeit 2011 Gegenstand einer Doktorarbeit
und mehrerer Beiträge bei Kongressen für Tiermedizin und Humangenetik. In jüngster
Zeit beschäftigte sich ebenfalls der wissenschaftliche Artikel, den wir hier in
zusammengefasster Form darlegen, mit dieser Thematik.
Neben den genetischen Analysen will die Forschungsarbeit dazu beitragen, diese Melanome
beim Hund und beim Menschen besser zu behandeln. Hunde und Menschen können von vielen
verschiedenen Melanomen befallen werden, wobei Hunde am häufigsten an den besonders
gefährlichen bukkalen Melanomen leiden. Bukkale Melanome eignen sich gut als Grundlage
für genetische und therapeutische Studien bei Hund und Mensch, für die Hauttumore
in dieser Region selten und in genetischer Hinsicht kaum dokumentiert sind. Die
meisten kutanen Melanome beim Hund sitzen in der Haut und kommen bei Tieren dunkler
Farbe vor. Aufgrund dessen ermöglicht die Studie an Hunden, die genetischen Ursachen
nicht UV-induzierter Melanome besser zu verstehen und ggf. neue Behandlungsmöglichkeiten
zu entwickeln, die Hund und Mensch gleichermaßen zugutekommen.
Die seit mehr als fünf Jahren im Labor in Rennes durchgeführten Forschungsarbeiten
werden finanziert durch das CNRS selbst, ein Stipendium der Region Bretagne, ein
Habilitationsstipendium der Ligue contre le Cancer sowie durch das INCa (Nationales
Institut für Krebs). Konkret werden zwei Forschungsprojekte finanziert, weitere
Beiträge stammen von zahlreichen Tierärzten, Hundezüchtern und -haltern.
Schwerpunkt der Januar 2014 erschienenen Ausgabe von Pigment Cell and Melanoma Research
sind Melanome bei Hund und Mensch. Dies zeigt sich anhand des Titelblatts, das vom
Labor Rennes (Cadieu und Mitarbeiter) entworfen wurde, sowie der Veröffentlichung
eines Leitartikels und eines Kommentars zum selben Thema.
Der vollständige Artikel ist abrufbar unter
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/pcmr.12170/abstract
Gillard et al. 2013-PCMR Cover
© Bildnachweis (von oben links nach oben rechts): Dr. T. Jouary (1, 3); Dr. P. Devauchelle (2); Dr. M. Delverdier (4, 10); Pr A. Dupuy (5, 7, 9); Pr F. Fogel (6); Dr. A. Muller (8); I. Raymond (11).
Die Schattenseite des humanen Melanoms. Der vitruvianische Mensch und Hund, so wie von Leonardo Da Vinci gemalt, zeigen, in welcher Weise Hunde zur Aufklärung nicht UV-induzierter humaner Melanome beitragen. Die weiteren Bilder verdeutlichen die verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen der Anatomie des Menschen und des Hundes: mukosal/oral; cutan; akral (Fußsohle/-ballen); Nagelbett; akral (Finger); Auge. Bildzusammenstellung von Cadieu und weiteren Personen.
Wenn Sie am Forschungsprogramm mitwirken und Gewebeproben einsenden und/oder Informationen
erhalten möchten, dann wenden Sie sich an:
Edouard Cadieu, Clotilde de Brito
Tel +33 2 23 23 45 09 Fax : +33 2 23 23 44 78
Website „Hundegenetik“ :
http://dog-genetics.genouest.org